[…] Wenn man „Versandung“ geschafft hat, ist man erstmal einige Zeit sehr still. Man steht vor einem schwarzen Loch, man hört in einen Echoraum hinein, aus dem kein Echo mehr kommt. „Versandung“ hat die Qualität, unseren inneren Kompass, unseren „moralischen“ Maßstab vielleicht wieder etwas zu justieren. Die dritte, so innige und persönliche Ebene macht das Ganze zur Literatur.
[…] Mit „Versandung“ ist es gelungen, eine eigene Art von Angehörigenbiografie zu schreiben, in der Dokumentation und Fiktion miteinander verschmelzen. Hiermit entreißen Sie Ursula nicht nur dem Vergessen, sondern erwecken sie zum Leben, indem Sie sie in die Gegenwart führen.
[…] Es hat mich sehr beeindruckt – vor allem der Umfang an Quellen, den Sie zusammentragen konnten, um das Leben von Ursula Murawski sowie den historischen Kontext der Zeit zu beleuchten.
[…] Ich bin überrascht über die literarische Wortgewalt im fiktiven Teil. Da war ich zu Beginn tatsächlich etwas skeptisch … Dass es enorm gut recherchiert ist, das war mir von Anfang an klar.
[…] Es bedrückt mich zu sehr, solche Lebensgeschichten zu lesen, obwohl oder weil ich weiß, dass es Tausende ähnlicher Fälle gibt.
[…] „Versandung“ ist sehr berührend.
[…] Opfer wie Täter rücken einem urplötzlich ziemlich nahe auf den Pelz […] Sehr einfühlsam auch die direkte Ansprache von Ursel, […] das intergenerationelle Gespräch, die schonungslose Ehrlichkeit der eigenen Feigheit gegenüber – und vor allem, immer wieder auf das innerfamiliäre Beschweigen zurückzukommen. […] Hin und her gerissen fühle ich mich mit dem Titel, den ich auf den ersten Blick als ausgesprochen gelungen empfand, als ich jedoch zu der Stelle gelangte, […] stockte mir fast der Atem.
[…] Ihr Buch [hat mich] tief ergriffen. [… Es] führt […] mitten hinein in die Hölle, wobei das auch ein falscher, weil biblischer Euphemismus ist. Sprache und Vorstellung versagen zumeist, aber bei Ihnen wurde das Grauen wirklich adäquat erfasst und ausgedrückt. Ich gestehe, dass ich am Anfang irritiert war, als Sie sich als Person in das historische Geschehen einbezogen haben, […] aber das verflog sehr schnell, denn auf diese Weise erreichen Sie ganz andere Dimensionen zum Teil mit geradezu dichterischer Sprachgewalt.
Hier bildet eine akribische und wissenschaftlich korrekt abgegrenzte historische Recherche die Grundlage für eine sehr persönlich, mit fiktiven Elementen erzählte Geschichte die auf diese Art eine dermaßen starke Wucht entfaltet, daß die persönliche Betroffenheit auch den Leser unmittelbar erfaßt.
Das ist außergewöhnlich, schwer und schön zugleich und eine sehr bereichernde Erfahrung.
Daher ist dies nicht nur ein wichtiges sondern auch ein wundervolles Buch.
Ja, dieses Buch ist ein Wunder und voll von diesen. Als Leser wundert man sich, wie eine unschöne und unangenehme Thematik einen derart ergreifen und doch versöhnlich zurücklassen kann.
Es liegt daran, daß der Autor seiner Tante Ursel und den Lesern mit diesem Buch große Dienste erweist:
Ursel wird postmortem vom Autor wortwörtlich an die Hand genommen und obwohl dies natürlich nur fiktiv erfolgen kann, empfindet man als Leser eine Art Wiedergutmachung von nicht wieder gut zu machendem.
Das geschieht durch die emphatische Erzählweise, die nicht mehr zu füllende Leerstellen, persönliche Betroffenheit, Zweifel und Scham deutlich thematisiert statt sie zu verschweigen. In einer Sprache, die den Leser lebensnah und bildreich in die Vergangenheit und auf den Weg der Recherche und Annäherung des Autors mitnimmt.
Als Ergebnis der Bemühungen wird das im Nachhinein maximal Mögliche erreicht, um Ursel das auf brutale Weise genommene und verkürzte Leben literarisch zurückzugeben. Sie ist nun nicht mehr alleingelassen. Ihr Leben und Ihre Geschichte wurden von ihrem Neffen dem Verschweigen und Vergessen entrissen und stehen exemplarisch für die vielen anderen die sich hinter den großen, abstrakten Zahlen verbergen.
Mein aufrichtiger, großer Dank als Leser an den Autor, daß er mir durch die Veröffentlichung die Möglichkeit gegeben hat, an Ursels Leben teilhaben zu dürfen.
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